Gegenläufige Wirtschaftsentwicklung: Ökonomen stufen Russland hoch und Deutschland runter
Die in London ansässige Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) hat ihre Wachstumsprognose für Russland drastisch erhöht. Nach ihrer ursprünglich mageren Prognose für Russland (lediglich 1 Prozent) geht die Bank nun von einem Wachstum von 2,5 Prozent für das laufende Jahr aus. Bereits Ende April hat der Internationale Währungsfond (IWF) seine Erwartungen für Russland ebenfalls deutlich nach oben korrigiert. Der IWF erwartet für die russische Wirtschaft in diesem Jahr sogar ein noch kräftigeres Wachstum in Höhe von 3,2 Prozent.
Der unerwartete Boom der russischen Wirtschaft wird auf eine wachsende Binnennachfrage infolge steigender Löhne zurückgeführt. Dafür seien unter anderem auch die hohen Staatsausgaben für die Rüstungsindustrie mitverantwortlich, führen sowohl der IWF als auch die EBWE aus. Auch vom Außenhandel mit China und anderen Staaten würden gleichzeitig positive Impulse für Russland ausgehen.
Deutlich verhaltener verlauten die Prognosen für Deutschland. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die sogenannten deutschen "Wirtschaftsweisen" erwarten für die Bundesrepublik in diesem Jahr ein Wachstum von 0,2 Prozent. Im Herbst 2023 hatte das Expertengremium für das Jahr 2024 noch mit einem Wachstum von 0,7 Prozent gerechnet. Die EU-Kommission sieht jetzt die Perspektiven für Deutschland in einem noch etwas trüberen Licht: Mit 0,1 Prozent Wachstum sieht man in Brüssel Deutschland knapp an der Stagnation vorbeischrammen. Lediglich der Bundesminister für Klimaschutz (und Wirtschaft) Robert Habeck traut der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr etwas mehr zu und erwartet ein BIP, das 0,3 Prozent über dem des Vorjahres liegt. Er ließ die Prognose der Bundesregierung Ende April leicht nach oben korrigieren, war damit allerdings bei Wirtschaftsvertretern auf Unverständnis gestoßen.
Trotz der verhaltenen Aussichten schlagen die Wirtschaftsweisen zur Bekämpfung des Verfalls der deutschen Verkehrs-Infrastruktur die Einführung einer Maut für Personenkraftwagen vor. Wie sich das mit ihrer Erwartung verträgt, dass eine wachsende Binnennachfrage ab der zweiten Jahreshälfte einen kräftigen Beitrag zum Wachstum leisten soll, führten die Experten nicht näher aus. Eine Pkw-Maut käme der Einführung einer neuen Verbrauchsteuer gleich. Die Einführung neuer oder Erhöhung von Verbrauchsteuern wirkt sich nach allen Erkenntnissen dämpfend auf die entsprechende Nachfrage und damit auch auf die gesamtwirtschaftliche Konjunktur aus.
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